Kunsttherapie richtet sich an Menschen mit und ohne Demenz. Bei der Vernissage im Haus St. Leopold wurden ganz besondere Werke ausgestellt.
Seit drei Jahren bietet Agnieszka Kremel Kunsttherapie in den Pflegewohnhäusern St. Leopold und St. Bernadette an. In der Kunsttherapie werden künstlerische Mittel für den therapeutischen Zweck eingesetzt, so zum Beispiel Materialien wie Kreide, Farben, verschiedenes Papier. Prinzipiell ist die Kunsttherapie für alle Bewohner*innen offen, also für ältere Menschen mit und ohne Demenz. Sie eignet sich besonders für Menschen, die sich wenig bis gar nicht mehr sprachlich ausdrücken können. Für sie ist es eine Möglichkeit, sich durch die Kunst auszudrücken, ihre Gefühle oder was sie gerade beschäftigt. Diese Form der nonverbalen Kommunikation gewinnt mit zunehmendem Alter an Wichtigkeit, um Kompetenzen wie Zusammenhalt zu stärken.
Auch das Selbstwertgefühl wird gestärkt: Die Teilnehmenden treffen Entscheidungen, wie sie ihr Kunstwerk gestalten, selbst – welche Farben, welches Papier verwendet werden, liegt ganz bei ihnen. Dabei kommt auch der individuelle Ausdruck gut zur Geltung. Agnieszka erklärt: „Vor allem bei Menschen mit fortgeschrittener Demenz ist das so wichtig, weil in der künstlerischen Arbeit Entwicklung möglich ist. Dadurch dass man freier ist, zu entscheiden und zu gestalten, weil es kein Richtig und Falsch gibt, weil das Werk am Ende nicht beurteilt wird.“ Geachtet wird daher in der Kunsttherapie nur auf den Prozess des Herstellens, wie sich die Teilnehmenden dabei fühlen, wie sie sich entwickeln – und dabei entstehen tolle Bilder. In den Kunstrunden werden verschiedene Themen behandelt – Jahreszeiten, aber auch Gefühle wie Trauer oder Wut werden thematisiert. Dabei kommen auch Themen an die Oberfläche, die lange vergessen waren.
„Die Bewohner*innen sagen oft ‚Das kann ich nicht‘. Wenn sie fertig sind mit einem Werk, höre ich dann oft: ‚Ich hätte nicht gedacht, dass ich noch malen könnte‘“, erzählt Agnieszka. Eine der Künstler*innen, mit denen sie in der Kunsttherapie arbeitet, hat es so formuliert: „Ich vergesse hier die Zeit, dass ich alt bin und am Ende meines Lebens. Man hat das Gefühl, dass man an einem Ort ist, wo es keine Sorgen gibt. Durch das Malen habe ich ein Stück Freiheit zurückgewonnen.“ Trainiert werden in der Kunsttherapie auch Feinmotorik und Konzentration: während sich Menschen mit Demenz oft nur kurze Zeit konzentrieren können, bleiben sie in der Therapie ein bis zwei Stunden fokussiert.
Im Haus St. Leopold organisierte Agnieszka eine Vernissage, bei der sie die Bilder herzeigte und besprach: „Vor allem im Alter ist es wichtig, zu zeigen, was man noch machen kann. Wenn die Enkel die Bilder sehen, staunen sie, was die Oma gemacht hat. Kunst kennt kein Alter.“ Stolz und dass die Bilder gesehen werden, spielen eine große Rolle. Überall in den beiden Häusern hängen selbstgestaltete Bilder der Bewohner*innen. „Vielen ist wichtig, dass etwas bleibt, wenn man geht. Das Bild einer Bewohnerin, die bereits verstorben ist, hängt immer noch und wird bewundert. Darauf sprach mich dann eine Bewohnerin an und meinte: ‚Sie lebt weiter in ihren Bildern‘.“