(Gemeinsames Musizieren vor der Coronazeit)
Seit vielen Jahren freuen sich die BewohnerInnen des Caritas-Seniorenwohnhauses St. Anna auf ihre Musikstunde: Michaela Vaught, Lehrende an der Anton Bruckner Privatuniversität, besucht regelmäßig mit Studierenden der Lehrveranstaltung „Elementares Musizieren mit alten Menschen“ die BewohnerInnen des Caritas-Seniorenwohnhauses St. Anna zum gemeinsamen Musizieren. Als dies bedingt durch Corona plötzlich nicht mehr möglich war, war Kreativität gefragt – und die Musikpost ist entstanden.
Michaela Vaught berichtet, wie die Musikpost entstand und wie damit weiterhin Musik in der Luft des Seniorenwohnhauses St. Anna liegt.
„Das Leben der Menschen im Caritas Senior*innenwohnhaus St. Anna hat sich in der Zeit der Vorsichtsmaßnahmen gegen die Ausbreitung des Covid-19-Virus stark verändert. Besuche von Angehörigen und externen Personen waren untersagt und auch der Austausch innerhalb des Wohnhauses wurde stark limitiert. Zudem mussten viele Angebote wie Physiotherapiesitzungen oder Friseurtermine eingestellt werden.
In einem Gespräch mit der Pflegedienstleiterin Eirene Braden wurde geklärt, welche Möglichkeiten musikalischer Inputs in dieser Situation anstelle der wöchentlich stattfindenden „Musikstunde“ umsetzbar und erwünscht wären. Sie bemerkte, dass in der veränderten Situation die einzelnen Wohngruppen mehr Zeit für gemeinsames Singen, Musikhören und Sitztänze hätten. Weiters berichtete sie von der Verwendung neuer Medien durch die Bewohner*innen und einer offenen Haltung gegenüber ungewöhnlicher Inputs und bislang ungeahnter Möglichkeiten.
Infolge dieses Gesprächs entwickelten wir innerhalb der Lehrveranstaltung „Musizieren mit alten Menschen“ ein Musikvermittlungsformat in Form einer Kurzzeitschrift zum Ausdrucken mit Audio- und Videobespielen zum Abrufen auf einer Cloud. Die „Musikpost“ richtet sich an das Pflegepersonal zur einfachen Umsetzung in der derzeitigen Wohnhaussituation. Einer grafisch ansprechenden Gestaltung wurde bewusst besonderes Augenmerk geschenkt. Die Ausführung erfolgte in einer einladenden Farbigkeit, um die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, dass auch Bewohner*innen die Zeitschrift immer wieder in die Hand nehmen.
Die einzelnen Ausgaben sind jeweils unter ein Thema gestellt. Tänze, Vorschläge zum Instrumentalspiel, Hörbeispiele, Lieder usw. haben einen thematischen Bezug und bieten gemeinsam mit Sprach-Spiel-Ideen Anregungen für das gemeinsame Gespräch. Für die Liedvorschläge stellen wir Audio-Files mit eingesungener Melodiestimme sowie eingespielter Klavierbegleitung zur Verfügung. Es werden aber auch die Akkorde zu den Liedern angegeben, falls Pfleger*innen das Lied lieber auf der Gitarre live begleiten möchten. Sitztänze werden sowohl in der Ausgabe beschrieben, als auch als Video zum einfachen Mitmachen bereitgestellt. Hörbeispiele wie Schlager und klassische Lieder zum Thema werden ebenfalls von uns auf eine Cloud gestellt und sind unkompliziert abspielbar.
Das Entwickeln dieses Formats macht sehr viel Freude und von Ausgabe zu Ausgabe lernen wir dazu. Eine Evaluationsphase seitens der Pfleger*innen von St. Anna ist geplant um das Angebot optimal auf die Menschen im Senior*innenwohnhaus abzustimmen. Das bisherige positive Feedback auf unser Angebot ist äußerst motivierend, noch größer ist aber unsere Vorfreude auf den Tag, an dem wir wieder gemeinsam analog, live und alle in einem Raum gemeinsam musizieren werden und die „Musikpost“ vielleicht eine andere Funktion erhalten wird.“
Michaela VaughtLehrende am Institut für Musikpädagogik, Studiengang Elementare MusikpädagogikAnton Bruckner Privatuniversität OÖ, 24.5.2020